Der Sebalder Reichswald östlich von Erlangen ist langweilig und ökologisch wenig wertvoll – so ein gängiges Klischee in der Universitätsstadt. Doch das Areal bietet im „Steckerleswald“ der Kiefern-Monokulturen eine erstaunliche Artenvielfalt – wenn man zur richtigen Tageszeit unterwegs ist.
Wer jetzt Mitte März morgens die Kurt-Schumacher-Straße Richtung Osten überquert und am Obi-Kreisel, Südgelände oder bei Tennenlohe hinein in den Wald geht, kann die vielfältigen Gesänge nicht überhören. Wenn man sich die Zeit nimmt und einmal eine Viertelstunde abwartet, bekommt man einiges auf die Ohren: Buchfinken und Singdrosseln sind am lautesten. Dazu Kohl-, Blau-, Tannen- und Haubenmeise. Dazwischen das hohe Piepsen der Wintergoldhähnchen, die auch bereits kräftig ihren Gesang ertönen lassen. Misteldrosseln und Amseln flöten, Wald- und Gartenbaumläufer lassen sich vernehmen. Erlenzeisige lassen nicht nur ihre omnipräsenten Rufe hören, auch vereinzelter Gesang ist schon dabei. Ich hatte zudem noch das Glück einen Fichtenkreuzschnabel zu erwischen. Auch die Spechte sind jetzt alle aktiv, akustisch am auffälligsten Schwarz-, Grün- und Buntspecht, seltener Klein- und Mittelspecht. Auch Grauspechte wurden vereinzelt gemeldet, ich habe aber noch keinen zu hören bekommen.
Aber auch abends lohnt sich ein Besuch im Reichswald. Denn dort sind jetzt zwei Arten aktiv, für die der angeblich so artenarme Nutzwald sogar in ganz Franken heraussticht. Die beste Zeit ist etwa eine Stunde nach Sonnenuntergang. Wenn die letzten Singdrosseln verstummen, ist plötzlich aus dem Nichts ein hohes markantes Pfeifen zu hören. Es stammt vom Sperlingskauz, einer winzigen Eule. Sie markiert ihr Revier akustisch und lässt sich bei meinem Besuch sogar einmal zu einem Erregungsruf, der „Tonleiter“, hinreißen.
Gleichzeitig mit dem kleinen Kauz macht sich auch eine ganz andere Art bemerkbar. Waldschnepfen sind wesentlich größer als die mit ihnen verwandten Bekassinen. Sie leben das ganze Jahr bei uns in den größeren Wäldern, sind jedoch sehr heimlich und lassen sich kaum aufspüren. Lediglich jetzt im Frühjahr, wenn in der Abenddämmerung der „Schnepfenstrich“ eröffnet wird, kann man sie zuverlässig sehen – und vor allem hören! „Quorren“ und „pitzen“ werden die Balzrufe lautmalerisch genannt – ein spezieller Reichswald-Sound für Eingeweihte!